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Günther Czernotzki - 500 Jahre Reformation, Luthers innere Befreiung durch die Entdeckung des Evangeliums
500 Jahre Reformation
Luthers innere Befreiung durch die Entdeckung des Evangeliums
Das Evangelium wurde verdeckt u.a. durch
Werksgerechtigkeit 1 – Luther urteilte über sein Mönchsleben:
„Wahr ist’s, ein frommer Mönch bin ich gewesen und habe meinen Orden so streng
gehalten, dass ich sagen kann: Ist je ein Mönch in den Himmel kommen durch Mön-
cherei, so wollte ich auch hineinkommen sein. Das werden mir bezeugen alle Kloster-
gesellen, die mich je gekannt haben. Denn ich hätte mich, wo es länger gewährt hätte,
noch zu Tode gemartert mit Wachen, Beten, Lesen und anderer Arbeit.“ (Eberh. S.31)
Ablasshandel 1 – Ablass ist der Nachlass zeitlicher Strafe für Sünden, deren Schuld
schon getilgt ist. Ablass kann man für sich selbst erwerben oder fürbitt-
weise Verstorbenen zuwenden. Ablass wird aus dem Kirchenschatz
entnommen und den Gläubigen gespendet. Der Kirchenschatz besteht
aus den Verdiensten Jesu Christi, den Gebeten und guten Werken der
seligen Jungfrau Maria und den Gebeten und guten Werken d. Heiligen
Der Papst verwaltet diesen Schatz der überschüssigen Verdienste der
Heiligen, indem er Ablass gewährt.
Und warum mussten die Gläubigen zur Zeit Luthers dafür bezahlen?
2 – Markgraf Albrecht von Brandenburg sollte Erzbischof von Magde-
burg werden, musste dafür aber 1079 Dukaten an Papst Leo X zahlen
(war noch zu jung und noch nicht zum Bischof geweiht)
Wenig später wurde er auch noch Erzbischof von Mainz für 12600 Duk.
Albrecht musste deswegen eine Anleihe beim Bankhaus der Fugger in
Augsburg aufnehmen.
3 – Papst Leo X schlug Erzbischof Albrecht vor, gegen Zahlung von
weiteren 10 000 Dukaten einen vollkommenen Ablass in seinen Bis-
tümern zu gewähren. Die eine Hälfte des Ertrages sollte an den Papst
gehen – zum Neubau der Peterskirche in Rom, die andere Hälfte an
Albrecht zur Begleichung seiner Schulden bei Fugger.
4 -Albrecht beauftragte Johann Tetzel mit dem Ablassvertrieb.
„Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“
Auf manchen Ablassbriefen stand unter einem Bild folgender Text:
„Wer diese Figur ehret mit einem Paternoster (Vaterunser), der hat 14000 Jahr Ablaß,
und von 43 Päpsten, derer gab jeder 6 Jahr und von 40 Bischöfen, von jeglichem 40
Tag, und den Ablaß hat bestätigt Papst Clemens.“ (Weichenstellungen S. 103)
5 – Martin Luther erfuhr im Laufe d. Jahres 1517 vom Ablassgeschäft
und war empört. Am 31. Okt. 1517 schlug er 95 Thesen an die Tür der
Schlosskirche zu Wittenberg – der Beginn der Reformation
These 82: „Warum befreit der Papst nicht alle Seelen zugleich aus dem Fegefeuer
um der allerheiligsten Liebe willen und wegen der hohen Not der Seelen als der für ihn
allerbilligsten Ursache, da er doch unzählig viele Seelen erlöst um des allerunheilvolls-
ten Geldes willen…?“
Der Unwille in Deutschland war weit verbreitet; die Aussaugung der
Deutschen durch Rom verletzte ihre nationale Gesinnung, das frivole
Gebaren der Ablassprediger den religiösen Ernst.
6 – Auch heute noch gibt es Ablass
siehe Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1471-1479
Luthers ä u ß e r e Befreiung durch die Abkehr vom Papst
Nachdem Luther seine innere Befreiung durch die Erkenntnis des bibl.
Evangeliums erfahren hatte, war es zwangsläufig, nun auch diejenige
Macht zu verwerfen, die das Evangelium verdunkelt hatte, den Papst.
Die Überwindung des Papsttums zeigen folgende Stationen auf:
1516/17 Luther hielt Vorlesung über den Galaterbrief und war zum Zweifel am päpstl.
Primat gekommen, bes, durch Gal.2,7.9.11-14. Er erkannte, dass sich Jakob.,
Petrus, Johannes und Paulus mit Barnabas als Gleichberechtigte betrachteten
dass Paulus den Petrus berichtigte; dass mit einem Primat des Petrus das alles nicht zu vereinbaren war.
1518 Luther, immer noch ein gläubiger Sohn der Kirche, schrieb am 18. Dez.
an seinen Freund Wenzel Link in Nürnberg:
„Weit Größeres noch will meine Feder gebären; ich weiß nicht, woher mir diese Gedanken
kommen. Diese Sache hat meines Erachtens nicht einmal recht ihren Anfang genommen,
geschweige denn, dass die großen Herren in Rom schon auf ihr Ende hoffen dürften…Du
magst zusehen, ob ich mit Recht ahne, dass am römischen Hof der wahrhaftige Antichrist
herrscht, von welchem Paulus (2.Thess.2,8ff) redet. Dass derselbe heutzutage schlimmer als
die Türken ist, glaube ich beweisen zu können.“ (Eberhardt, S. 54)
1519 In seinem Brief an Spalatin vom 13. März wurde Luther noch deutlicher
„Ich wälze die Erlässe der Päpste für meine Disputation und – ich sage dir ins Ohr – ich weiß
nicht, ob der Papst der Antichrist selber ist oder sein Apostel, so elendlich wird Christus,d.h.
die Wahrheit, von ihm in den Dekreten zu Schanden gemacht und gekreuzigt.“ (Eberhardt, 55)
1520 Im Febr. las Luther die Schrift des Humanisten Laurentius Valla (1407- 1457)
über die Fälschung der Konstantinischen Schenkung u. schrieb am 24. Febr.
über diese gefälschte päpstliche Urkunde: (Eberhardt, S.61)
„Guter Gott, welche Finsternis und Nichtswürdigkeiten der Römlinge! Und sie haben so unsau-
bere, so grobe, so unverschämte Lügen aufgenommen, ja sie sind zu Glaubensartikeln gewor-
den. Ich bin so in Ängsten, dass ich fast nicht mehr zweifle, der Papst sei recht eigentlich der
Antichrist, den die Welt erwartet: so sehr passt hierzu all sein Leben, Tun, Reden,Beschließen.“
1520 Am 10. Juli schrieb Luther in Erwartg. der päpstl. Bannbulle an Spalatin
„Meinerseits ist der Würfel für mich geworfen. Ich verachte Roms Wut und Roms Gunst. Ich will
nicht mit ihnen versöhnt werden noch Gemeinschaft haben immerdar. Mögen sie das Meine
verdammen und öffentlich verbrennen! Ich wiederum will, wenn’s mir nicht an Feuer mangelt,
verdammen und öffentlich verbrennen das ganze päpstliche Recht, diesen Schlangenpfuhl von
Ketzerei.“ (Eberhardt, S.64)
1520 Am 10. Dez. verbrennt Luther die Bannandrohungsbulle des Papstes, dazu
die päpstlichen Rechtsbücher und Schriften seiner Gegner, in Gegenwart von
Professoren und Studenten vor dem Elstertor in Wittenberg. (Eberhardt,S.67)
„Weil du die Wahrheit Gottes verderbt hast, verderbe dich der Herr heute in diesem Feuer.“
1545 Am 15. März soll ein Konzil in Trient zusammentreten
Im März erscheint auch Luthers Schrift (11 Monate vor seinem Tod):
„Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet.“ , worin er den Papst schonungslos
als Widerchrist, Werwolf, als einen Feind Gottes, Feind Christi, als aller
Christen und aller Welt Feind anprangert. (Lu Bibel 2017, S.29)
E r b e n d e r R e f o r m a t i o n
Was haben wir geerbt von Luther, Zwingli, Calvin, den Täufern?
L u t h e r (1) das vierfache „Allein“ der reformatorischen Theologie:
(1483-1546) * allein die heilige Schrift (sola scriptura) als Glaubensnorm (Joh 17,17)
Wittenberg und nicht die Tradition (Überlieferung)
* allein Jesus Christus (solus Christus) als Erlöser (Apg 4,12)
und nicht Maria als Miterlöserin
* allein die Gnade (sola gratia) als Weg zum Heil (Eph 2,8)
und nicht sakramentale Vermittlg. der Priester
* allein der Glaube (sola fide) zum Empfang der Gnade (Röm 3,28)
und nicht verdienstliche Werke
Rechtfertigung aus dem Glauben ist die Zusammenfassung davon.
- das allgemeine Priestertum
a überwindet die hierarchische Struktur der Papstkirche:
Papst – Bischof – Priester (mit einer jeweils besonderen Weihe)
b überwindet die sakramentale Mittlerrolle der Papstkirche; das bedeutet:
es gibt keine Absolutionsgewalt von Menschen, die sich durch das
Altarsakrament (Messopfer) und die Sündenlossprechung ein Recht
auf Mittlerfunktion zwischen Gott und Mensch anmaßen (1.Tim 2,5)
- die Naherwartung der Wiederkunft Jesu
a Luthers Analyse des Weltzustandes war: „Die Welt ist des Teufels Kind…ihr ist nicht zu helfen noch zu raten.“ – Sie ist des Teufels Wirts-
haus, in ihr gelten die umgekehrten Zehn Gebote, sie ist und bleibt eine Mördergrube. Schon fast resignierend bekennt Luther:
„Ich weiß keinen anderen Rat und Hilfe, als dass der Jüngste Tag
komme.“
b Umso mehr sehnt sich Luther nach diesem Jüngsten Tag:
„Es ist lang genug Winter gewesen, nun will auch einmal ein schöner
Sommer kommen, u. ein solcher Sommer, der nie mehr aufhören wird.“
- „Hilf, lieber Herr Gott, dass der selige Tag deiner heiligen Zukunft
bald komme!“ - „So komm, wenn es sein soll, noch diese Stunde.“
- die Lehre vom Zustand der Toten
a Luther war nicht ganz eindeutig in der Frage des Zustandes im Tod.
Er verwarf zwar die kathol. Lehre von der Unsterblichkeit der Seele
(5.Laterankonzil von 1513), konnte sich aber von der katholischen Vor-
stellung seiner Zeit nicht ganz lösen. Auch im tiefsten Todesschlaf
könnten der Geist bzw. die Seele Gott und seine Engel sehen u. hören.
b Andrerseits erkannte Luther die bibl. Auffassung vom Tod als Schlaf.
In einem Brief an seinen todkranken Vater schrieb er im Febr. 1530:
„Denn unser Glaube ist gewiss und wir zweifeln nicht, dass wir uns bei Christo wieder-
um in Kürze sehen werden, zumal der Abschied von diesem Leben für Gott viel gerin-
ger ist, als wenn ich von Mansfeld hierher von Euch, oder Ihr von Wittenberg gen
Mansfeld von mir zöget. Das ist gewiss wahr, es handelt sich um ein Stündchen Schlaf
dann wird’s anders werden.“
- Die Erscheinung des Antichristen
a Luther schrieb im Dez 1518 an seinen Freund Wenzel Link in Nürnberg
„Du magst zusehen, ob ich mit Recht ahne, dass am römischen Hof der wahrhaftige
Antichrist herrscht, von welchem Paulus redet.“ (2.Thess 2,8ff)
b 1545 (11 Monate vor seinem Tod) erscheint von ihm:
„Wider das Papsttuim zu Rom, vom Teufel gestiftet.“
Z w i n g l i (1) Sakramentskritik - Abendmahlsverständnis
(1484-1531) a Zwingli überwand das Sakramentsdenken der kath. Kirche:
Zürich ein Sakrament wirkt allein durch den Vollzug der Handlung (lat.: ex
opere operato), wodurch Gnade vermittelt wird.
b Alle Reformatoren lehnten die Messe als Opfer ab, ebenso die Wand-
lungslehre (Transsubstantiation: Oblate – Hostie = Leib des Herrn)
c Zwingli lehnte die Realpräsenz Jesu im Abendmahl ab:
nicht: „das ist mein Leib“, sondern „das bedeutet mein Leib“ (Mt 26,26)
und verstand das Abendmahl als Gedächtnismahl (1Kor 11,24)
C a l v i n (1) Einteilung des Gesetzes
(1509-1564) a „Einige teilen die Zehn Gebote so, dass der ersten Tafel drei, der zweiten die übrigen
Genf sieben zufallen; wer das tut, der reißt das Bilderverbot (2.Gebot) aus der Zahl der
Gebote aus oder verbirgt es unter dem ersten..;ferner muss man dann das 10. Gebot
unpassenderweise in zwei Gebote zerreißen.“
(2) die Heiligung
ä Wir sind von Gott erwählt, um ein heiliges und reines Leben zu führen.
(Glaubensgehorsam)
b „Christus rechtfertigt keinen, den er nicht zugleich heiligt…Wir unter-
scheiden zwar Rechtfertigung und Heiligung voneinander, aber Jesus
Christus trägt sie beide untrennbar in sich.“
Die T ä u f e r (1) die Glaubenstaufe (auch Mündigentaufe, Erwachsenentaufe)
(ab 1525) a Die geistgewirkte Glaubenstaufe überwindet die sakramentale Säug-
lingstaufe (sakramental: allein durch den Taufvollzug = ex opere operato -
wird Gnade vermittelt: die Erbsünde/Erbschuld wird abgewaschen.)
b Die Glaubenstaufe erfolgt nicht sakramental, sondern personal, d.h.
das Wesentliche geschieht durch die personale Beziehung zwischen
Gott und Mensch: Gott ruft (durch sein Wort, Röm.10,17)
der Mensch antwortet (durch Annahme des Wortes, Apg 2,41;
durch Umkehr seines Lebens u. der Übergabe in der Taufe, Apg.2,38).
c Die Glaubenstaufe gelangte über Holland (Mennoniten), ca. 1610 nach England (Baptisten), ab 1620 nach Nordamerika (Pilgerväter,Puritaner)
- die Glaubensgemeinde
a die Glaubensgem. überwindet die Volkskirche mit der Säuglingstaufe.
Man wird nicht hineingeboren, sond. schließt sich durch persönlichen
Glauben und der Taufe der Gemeinde an.
b Am 21. Jan. 1525 entstand in Zürich die erste Glaubensgemeinde der
Neuzeit – der Beginn der Täuferbewegung
c Zwingli und der Rat von Zürich reagierten scharf und denunzierte sie
als ‚Anababtisten’ , ‚Wiedertäufer’. Am 5.Jan. 1527 wurde Felix Mantz
zum Tod durch Ertränken verurteilt; der Beginn einer leidvollen Ent-
wicklung: nicht nur Katholiken, sondern auch Zwinglianer und Luther-
aner verfolgten die Täufer.
d Luther nannte sie „böse Buben“, „Unmenschen“, „lebendige Teufel“
- die Gewissens- und Religionsfreiheit
a überwindet den Glaubenszwang mit Intoleranz, Verfolgung, Inquisition.
b Über das angelsächsische Freikirchentum (s.1c) gelang die Religions-
freiheit zu den amerikan. Kolonien. Roger Williams gründete 1636 die
Kolonie Rhode Island mit Verzicht auf jede Form von Gewalt
und der ersten strikten Trennung von Kirche und Staat.
c In Europa dagegen tobte der 30jährige Glaubenskrieg von 1618-1648.