14. Die Einheit der Gemeinde Christi
Die Einheit der Gemeinde Christi
Die Gemeinde ist ein Leib mit vielen Gliedern, herausgerufen aus allen Nationen, Geschlechtern, Sprachen und Völkern. In Christus sind die Gläubigen eine neue Schöpfung. Rassische, kulturelle, bildungsmäßige, nationale, soziale und gesellschaftliche Unterschiede sowie Unterschiede zwischen Mann und Frau dürfen unter uns nicht trennend wirken. In Christus sind alle gleich, durch einen Geist zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander zusammengefügt. Wir sollen einander dienen, ohne Voreingenommenheit und Vorbehalt. Weil sich Jesus Christus in der Schrift offenbart hat, verbinden uns ein Glaube und eine Hoffnung – das bezeugen wir vor allen Menschen. Diese Einheit hat ihren Ursprung im Einssein des dreieinigen Gottes, der uns als seine Kinder angenommen hat. | Glaubensüberzeugungen der Siebenten-Tags-Adventisten, Nr. 14
"Die Mauer ist weg - wir sind ein Volk!"
Herbst 1989. Erst waren es Hunderte, dann Tausende, schließlich Zehntausende, die in Leipzig, Dresden, Berlin und andern Städten der DDR demonstrierten. Den allgegenwärtigen Spitzeln der Stasi, der knüppelbewehrten Polizei und der alarmbereiten Volksarmee zum Trotz wagten sie sich auf die Straßen, furchtsam und hoffnungsvoll zugleich. Immer mutiger und selbstbewusster klangen die Sprechchöre, immer lauter skandierten sie ihre Parolen: „Die Mauer muss weg! Wir sind das Volk! Die Mauer muss weg!“ Wer es miterlebt hat, wird es nie vergessen. Wer es im Fernsehen verfolgte, mochte kaum glauben, was er sah. Doch es war kein Spuk. Innerhalb weniger Monate fiel die DDR wie ein Kartenhaus zusammen. Aufgrund einer unbedachten Äußerung – war es ein Versehen oder Fügung? – öffnete sich am Abend des 9. November die Berliner Mauer – erst einen Spalt breit, dann immer weiter, bis sie von den Menschenmassen „hinweggespült“ und bald darauf abgerissen wurde. Ein Volk lernte den aufrechten Gang: „Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk!“ Viele empfanden es wie die Befreiung Israels aus dem Exil, auch sie fühlten sich „wie die Träumenden“ (Psalm 126,1).
Die Mauer muss weg!
Es klingt wie ein verbaler Vorgriff auf die deutsche Geschichte, wenn Paulus in seinem Brief an die Gläubigen von Ephesus formuliert: „Christus ist es, der uns allen den Frieden gebracht und … zu einem einzigen Volk verbunden hat. Er hat die Mauer eingerissen, die die beiden trennte und zu Feinden machte … Er hat die getrennten Teile der Menschheit mit sich verbunden und daraus den einen neuen Menschen geschaffen.“ (Epheser 2,14f. GNB)
Paulus ahnte nichts von den Ereignissen des Jahres 1989, aber er kannte die menschliche Natur – „Feindschaft, Streit und Rivalität, Intrigen, Uneinigkeit und Spaltungen“ (Galater 5,20 GNB) – und wusste darum, dass nur eine höhere Macht diese zerstörerischen Kräfte binden und durch aufbauende Werte – „Liebe, Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue“ (Galater 5,22 GNB) ersetzen kann. Diese radikale Wende ist durch Christus möglich geworden.
Nirgends wurde dies in der jungen Gemeinde deutlicher als bei der brisanten Frage nach dem Zusammenleben von Christen unterschiedlicher Herkunft. Wie konnten fromme Juden (die die Thora genau beachteten) mit Heiden (die nicht im Gesetz erzogen waren) zusammen eine Gemeinde bilden? Darauf gab der Apostel eine tiefgründige Antwort: Jesus hat die gesamte Menschheit mit in seinen Tod hineingenommen und mit Gott versöhnt (Römer 6,1ff.; 2 Korinther 5,14ff.; Epheser 2,1ff.). Er ist für alle Menschen gestorben und betrachtet deshalb alle, die an ihn glauben, als seine Brüder und Schwestern.
Paulus verwendet dafür gern das Bild vom Leib mit vielen Gliedern, die trotz ihrer Verschiedenheit mit dem Haupt verbunden sind. Wie Jesus nur einen Körper, eine Braut und einen Tempel hat, so kann es auch nur eine Gemeinde geben. „Ist Christus etwa zerteilt?“, fragte Paulus die zerstrittenen Christen in Korinth (1 Korinther 1,13). Wie groß die Differenzen unter Menschen auch sein mögen – in Christus sind sie überwunden und verlieren ihre trennende Kraft!
Wir sind ein Volk!
Siebenten-Tags-Adventisten gehören zu einer weltweiten Freikirche, die das Einssein der Gläubigen in Christus sichtbar machen möchte. Als internationale Glaubensgemeinschaft verkündigt sie das Evangelium Christi „allen Nationen, Geschlechtern, Sprachen und Völkern“, um Menschen aus der Gottesferne heraus- und in seine Gemeinde hineinzurufen. Adventisten gehören zu den wenigen christlichen Kirchen, die als weltweite Glaubensgemeinschaften erkennbar sind – nicht nur in ihrer Organisationsstruktur, sondern auch im gemeinsamen Bekenntnis des Glaubens. Sie sind „darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ (Epheser 4,3-5).
Die innergöttliche und von Gott gewirkte Einheit überwindet alle menschlichen Grenzen des Geschlechts und Standes, der Rasse, Kultur und Nationalität, ja sogar der Konfession und Religion. Das Kreuz Christi ist die überwältigende Demonstration der Liebe Gottes, die zur Befreiung, Wiedervereinigung und Versöhnung der Menschheit mit Gott und untereinander geführt hat. In der Tat: Die Mauer ist weg – wir sind (s)ein Volk!